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Bedienungsanleitung erstellen – eine trockene, aber interessante Designdisziplin

21. November 2024 von Melina Lau

Wenn man an Grafikdesign denkt, kommen einem meist kreative Projekte wie Logos, Poster oder Verpackungen in den Sinn. Doch ein Bereich, der oft unter dem Radar fliegt, ist das Layout von Gebrauchsanweisungen. Als ich mich damals dazu entschieden habe, Grafik-Designerin zu werden, habe ich nicht damit gerechnet, dass die Erstellung von Bedienungsanleitungen so oft Thema für mich sein würde.

Es mag nicht das glamouröseste Designfeld sein, doch es steckt mehr dahinter, als man auf den ersten Blick vermutet. Wer hier denkt, es ginge nur um ein paar Textkästen und eine schlichte Struktur, wird schnell eines Besseren belehrt.

Die Herausforderung: Funktion vor Ästhetik

Oder auf englisch: form follows function. Gebrauchsanweisungen sind in erster Linie funktionale Dokumente. Ihr Ziel ist es, Informationen so klar und verständlich wie möglich zu vermitteln. Hier muss Design eine dienende Rolle einnehmen – die Ästhetik steht hinter der Benutzerfreundlichkeit zurück. Das mag auf den ersten Blick wenig kreativ erscheinen, aber genau das ist die Herausforderung: wie macht man trockene Informationen ansprechend und leserlich?

Typische Stolpersteine:

  1. Unübersichtlichkeit durch schlechte Struktur:
    Eine Gebrauchsanweisung, die mit Textwüsten erschlägt und keine klaren Abschnitte bietet, schreckt Nutzer ab. Eine gut durchdachte Hierarchie mit klaren Überschriften, Aufzählungen und visuellen Ankerpunkten ist hier essenziell.
  2. Fehlende Mehrsprachigkeit:
    Viele Produkte werden international verkauft. Gebrauchsanweisungen müssen oft mehrere Sprachen integrieren, was den Platz auf der Seite begrenzt. Ein durchdachtes Layout kann helfen, die Inhalte trotz begrenztem Raum übersichtlich darzustellen. Aber es gibt auch Grenzen. Vor einiger Zeit habe ich das Layout für eine Gebrauchsanweisung für einen Coffee-to-go-Becher gemacht. Auf einer einseitig bedruckten DIN A5 Seite sollten Texte, Warnhinweise, Symbole und eine Zeichnung des Bechers inklusive Beschriftung zu sehen sein. Der Platz wurde knapp, aber ich habe es geschafft.
    Plötzlich fiel dem Kunden ein, dass die Anleitung auch auf englisch abgedruckt werden sollte und bat mich, die Übersetzung auf der gleichen Seite unterzubringen. Keine Chance. In diesem Fall konnten wir das Problem durch einen zweiseitigen Druck lösen, aber manchmal gibt es einfach keinen Spielraum mehr. Dann muss neu geplant werden.
  3. Schlechte Bildintegration:
    Bilder und Grafiken sind oft unverzichtbar, um komplexe Anleitungen zu verdeutlichen. Doch schlecht platzierte oder unverständliche Illustrationen können mehr Verwirrung stiften als klären. Häufig bekomme ich von Zulieferern winzige JPGs mit technischen Zeichnungen zugeschickt. Unbrauchbar. Dann muss eine neue vektorbasierte Zeichnung her, die man in passender Größe und ohne Verpixelung abdrucken kann.
  4. Unzureichende Lesbarkeit:
    Schriftgrößen, Kontraste und Zeilenabstände spielen eine entscheidende Rolle. Wenn der Text zu klein oder zu eng gesetzt ist, wird die Anleitung schnell unbrauchbar – besonders für Menschen mit Sehschwierigkeiten. Das kann eine Herausforderung werden, wenn die Größe der Anleitung begrenzt ist. Neulich habe ich Sicherheits- und Pflegehinweis auf ein Label für einen Grillhandschuh setzen müssen und der Platz ging trotz geringer Schriftgröße aus. Das Label musste also länger werden.

Tipps für eine gelungene Bedienungsanleitung:

  1. Arbeite mit klaren Strukturen:
    Ein Raster ist hilfreich. Nutze es, um Texte, Bilder und Überschriften präzise auszurichten und ein Gefühl von Ordnung zu schaffen. Trenne Überschriften, Unterüberschriften, Fließtext und Aufzählung deutlich voneinander ab.
  2. Setze auf Minimalismus:
    Weniger ist hier mehr. Vermeide überflüssige Verzierungen oder grafische Spielereien, die vom Inhalt ablenken könnten. Meistens werden Anleitungen in schwarz-weiß oder auf dünnem Papier gedruckt, also füge keine Farben oder große Vollflächen ein, arbeite lieber mit Rahmen.
  3. Teste deine Arbeit:
    Lass jemanden, der das Produkt nicht kennt, mit deiner Gebrauchsanweisung arbeiten. Sind alle Schritte klar verständlich? Gibt es Stolperfallen? Die Königsdisziplin sind hier wahrscheinlich Aufbauanleitungen für Möbel. Diese können einen schnell in den Wahnsinn treiben, wenn sie nicht gut gemacht sind.

Rechtliche Vorgaben: Was müssen Gebrauchsanweisungen enthalten?

Gebrauchsanweisungen unterliegen klaren rechtlichen Vorgaben, die sich nach dem jeweiligen Produkt und Markt richten. Informiere dich genau, was du in deine Gebrauchsanweisung aufnehmen musst. In der EU spielen häufig folgende Punkte eine Rolle:

  1. Produktsicherheitsrichtlinien:
    Die CE-Kennzeichnung für viele Produkte verpflichtet Hersteller, eine Anleitung in der Landessprache des Verkaufslandes bereitzustellen.
  2. ISO-Normen:
    Es gibt internationale Standards, wie die ISO 3864, die die Gestaltung von Sicherheitskennzeichen regelt, oder die ISO 7010, die Warnsymbole definiert. Solche Normen helfen, Gefahren weltweit einheitlich zu kommunizieren.
  3. Pflichtinhalte:
    Bedienungsanleitungen müssen je nach Produkt folgende Informationen enthalten:
    • Sicherheits- und Warnhinweise.
    • Schritt-für-Schritt-Anleitungen.
    • Technische Spezifikationen.
    • Kontaktinformationen des Herstellers oder Importeurs.
  4. Haftungsausschlüsse und Warnhinweise:
    Falsche oder unvollständige Informationen in einer Anleitung können zu Haftungsansprüchen führen. Besonders Warnhinweise (z. B. vor Stromschlag, Verbrennungen oder Verletzungsgefahr) müssen klar und sichtbar sein.

Gutes Design löst Probleme

Das Layout von Gebrauchsanweisungen ist ein Designfeld, das auf den ersten Blick nicht viel her macht, aber enorm wichtig ist. Hier entstehen keine presitge-trächtigen Projekte, die das Portfolio zieren, sondern gut strukturierte Dokumente. Es zeigt, das Design nicht nur verschönern soll, sondern vor allem Probleme löst. Jedes Projekt, ob groß oder klein, ist eine Chance, den Alltag der Menschen ein Stück einfacher zu machen – und genau das ist doch die Aufgabe von gutem Design.